Inszenierung Anja Panse   Ausstattung Hannah Hamburger   Musik Sebastian Herzfeld   Premiere 8. April 2017 Theater Mönchengladbach  

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„O, über die wilden, unbiegsamen Männer, die nur immer ihr stieres Auge auf das Gespenst der Ehre heften! Für alles andere Gefühl verhärten!“

Nach dem siebenjährigen Krieg hat der preußische Major von Tellheim gegenüber dem Kriegsfeind Sachsen Mitleid und einigt sich mit ihm auf die kleinstmögliche Summe von Reparationsforderungen – die er auch noch aus eigener Tasche vorstreckt. Als er unehrenhaft aus dem Militärdienst entlassen wird, verleumdet wegen seiner großen Milde und wegen Korruption angeklagt, versteckt sich Tellheim vor seiner Verlobten Minna von Barnhelm in einem heruntergekommenen Hotel in Berlin. Doch die selbstbewusste und mutige junge Frau wendet sich gegen die Konvention und reist ihm nach. „Mit einem Lieben Sie mich noch?“ stellt sie ihn zur Rede. Durch seinen Statusverlust fühlt er sich ihrer nicht mehr würdig: Unmöglich ist es für ihn, „sein ganzes Glück einem Frauenzimmer zu verdanken.“

Als Mann von Charakter gilt für ihn jetzt nicht mehr die Liebe, sondern das Prinzip. Aber Minna lässt sein übertriebenes Ehrgefühl nicht gelten und beginnt ein geschicktes Wort- und Verwirrspiel: Sie gibt Tellheim vermeintlich ihren Verlobungsring zurück – doch es ist sein eigener, den er beim Wirt verpfänden musste – und deutet an, dass sie seinetwegen enterbt worden sei. Nun beginnt Tellheim seinerseits um sie zu werben. Minna bleibt kalt und hält ihm den Spiegel vor: Sein Mitleid mache jetzt ihrerseits eine Heirat unmöglich – und spätestens hier werden die tragischen Züge der Komödie sichtbar.

Von Lessing durchaus beabsichtigt: „Das Possenspiel will nur zum Lachen bewegen, das weinerliche Lustspiel will rühren, die wahre Komödie will beydes.“

Lessings Minna von Barnhelm, ur-aufgeführt 1767 in Hamburg, ist eine spielerisch-lustvolle Auseinandersetzung mit starren gesellschaftlichen Mustern, männlicher Vernunft und moralischer Eitelkeit, die mit zweierlei Maß misst: Tellheim kann nicht nehmen, ohne zu geben – und ist hoffnungslos überfordert von seiner emanzipierten Verlobten. Der Sprachwitz des Autors, der in der Redegewandtheit der aufgeklärten Braut voll zur Geltung kommt, erhöht die Komik und die Ernsthaftigkeit des Stücks. Zugleich ist es ein großartiges Plädoyer für menschliches Verhalten in kriegerischen Zeiten.

mit

Minna von Barnhelm: Esther Keil
Tellheim: Ronny Tomiska
Franziska: Denise Matthey
Wirt: Christopher Wintgens
Just: Bruno Winzen
Paul Werner: Philipp Sommer
Graf von Bruchsall: Michael Ophelders
Riccaut, Bedienter: Adrian Linke

Pressestimmen

Wer dieser Tage in NRW eine bestechend kluge Inszenierung eines Lessingklassikers sehen möchte, sollte sich Anja Panses „Minna von Barnhelm“ am Theater Krefeld-Mönchengladbach nicht entgehen lassen.

Die Schauspieler spielen lustvoll auf. Sie tauschen Kostüme und Masken und mit ihnen zugleich die Spielweisen, je nachdem in welcher Zeit sie gerade agieren. Als weißgeschminkte Mimen in Stummfilmmanier beginnend, wechseln sie in den Konversationsstil der Jahrhundertwende, um modern und heutig zu enden. Ganz als würde nebenbei auch noch die deutsche Theatergeschichte visualisiert. Das alles schnurrt leicht und unaufhaltsam ab.

Entstaubt und schlank hat Anja Panse ihre Interpretation von Minna von Barnhelm auf die Bühne gebracht. Sie legt den Finger auf die zeitlos offenen Wunden der Menschen.
Aber es gibt Hoffnung – die Liebe. Absolut sehenswert.

D. Schröder; nachtkritik; 13.4.2017

Das Ensemblespiel ist durchweg intensiv, zunächst betont scharf überzeichnet, affektiert.

Immer wieder überrascht die Aufführung mit Brüchen, ist dicht gespickt mit Assoziationen und Symbolen, zu denen Sebastian Herzfelds eingespielte Kompositionen beitragen. Hannah Hamburgers Bühnenbild begleitet alles auf beeindruckende Weise. Im Drehen und Wenden verwandelt es sich, trägt die Protagonisten mit sich fort.

Angela Wilms-Adrians, Liebe und Ehre im Wandel der Zeit, Rheinische Post, 10.4. 2017